Seit 1997 wird das im Plattenbaugebiet Gera-Lusan situierte Gelände der katholischen Pfarrei “Hl. Maximilian Kolbe” ökologisch umgestaltet. Der beschlossene Bau einer neuen Kindertagesstätte sollte nicht nur die auf dem Gelände vorhandenen Gebäuden territorial miteinander verbinden Gemeindezentrum, Kirche und Pfarrhaus sowie ein Seniorenheim – sondern gleichzeitig auch den Lebensrhythmus von der Kindheit über die Jugend und das Erwachsenenalter bis hin zum Lebensausklang inhaltlich und baulich widerspiegeln.
Unter dem Leitgedanken “Erleben – Mitleben – Weiterleben” wurde als Grundrisslösung eine sich nach außen öffnende Spirale gewählt. Im Höhenschnitt entstand so eine räumlich gekrümmte Schalenkonstruktion in Anlehnung an das seit ca. 500 Mio. Jahren lebende Fossil, den Nautilus Pompilius, zu Deutsch »Perlboot«.
Die Schale des Nautilus entwickelt sich vom Zentrum nach außen. Sie bietet Schutz und Geborgenheit. Die Kinder werden in der Tagesstätte für die Außenwelt gerüstet und dabei für die Natur und Umwelt sensibilisiert. Im Zentrum der Spirale ist ein Ort der inneren Ruhe und Entspannung, entworfen wie ein Atrium. Die Öffnung nach oben lässt den Tages- und Jahreszyklus herein und versinnbildlicht so die Verbindung zwischen Erde und Himmel, zwischen Körperlichem und Seelischem.
In Form und Inhalt ist die Tagesstätte »Perlboot« eine Bereicherung des Lebensraumes, sowohl für die Kinder als auch für die Siedlung.
Das inhaltliche Konzept war von Anfang an mit einer ökologischen Baustoffwahl und Rekultivierung alter Bautechniken gekoppelt. Als Baumaterialien wurden unbehandeltes Holz, Lehm und dessen Verarbeitungsprodukte gewählt, sowie weitere wieder verwertbare Materialien wie Kork, recyceltes Perlite-Granulat, gebrannte Ziegel, Natursteine, Sand, Kalk und Gips, Zellulosedämmstoffe, Stroh, Schilf und Baumwollfasern.
Die Fundamente und Kellerdecke wurden grundstücksbedingt aus Stahlbeton hergestellt. Alle tragenden und spiralförmig verlaufenden Innenwände und deren aussteifenden, sternförmigen Trennungswände sind als Fachwerkwände mit sichtbar belassener Lehmausfüllung konzipiert. Schon während der Bauphase wurde eine Ausfachung von den Kindern mit Lehmbroten selber “gebacken”.
Die Dachschale (mit Aufdämmung) ist als eine schichtenförmig nach außen entwickelnde, gebogene Brettschichtholz-Binderkonstruktion ausgebildet. Diese sichtbaren Binder fallen sofort ins Auge. Sie wölben sich wie Sonnenstrahlen über die Halle. Sowohl die Dachschale, als auch die gewölbten Außenwände sind mit dem Zellulosedämmstoff Isofloc gedämmt und sorgfältig mit Dampfbremspappe ausgekleidet um die Winddichtigkeit sicherzustellen. Die innen darauf angebrachten biegsamen Holzfaserplatten sind mit einem Putzträger aus Schilfrohr versehen und mit Lehm verputzt. Die Wetterseite der Außenwand ist mit gespaltenen Holzschindeln gedeckt.
Innen werden die Geschossemporen getragen von geschälten, natürlich belassenen Baumstämmen, die als Kletterbäume dienen. Die Bodenhohlräume sind mit gesammelten Flaschenkorken aufgeschüttet und mit recyceltem Perlite-Granulat aufgefüllt.
Das gesamte Gebäude ist als Niedrigenergiehaus ausgelegt. Prüfungen auf Winddichtigkeit (Blower-Door-Test) und Kältebrücken (Thermografie) wurden mit guten Ergebnissen durchgeführt. Ein von der Küche aus beheizter Grundofen sorgt für die Bodenheizung des Gebäudes und verbindet zugleich Küche und zentrale Halle.
Für die Bedachung des Gebäudes ist ein Gründach gewählt worden. Die wasserhaushaltenden Sedumgewächse dafür wurden schon 1 Jahr vorher auf dem gemeindeeigenen Gelände selbst gezogen und zerkleinert als Saat ausgesät. Schon nach acht Wochen war fast das ganze Dach begrünt. Aufgefangenes Regenwasser bewässert das Gründach und das Gelände. Es speist einen kleinen Teich vor dem Eingang zum Kindergarten und wird schließlich in einer 20 m² Zisterne als Brauchwasser für die Toilettenspülung gespeichert.