Lehmbaustoffe

Lehmbaustoffe und Zuschläge

Lehmbaustoffe sind ungeformte oder geformte Baustoffe aus ungebranntem Lehm mit oder ohne Zuschläge. Lehmbaustoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch Austrocknen fest und jederzeit durch Feuchtigkeitsaufnahme wieder weich werden. Durch die Zugabe von Zuschlägen mineralischer oder pflanzlicher Herkunft kann die Trockenschwindung und Rissbildung verringert, die Zug-, Druck- bzw. Abriebfestigkeit erhöht oder die Wasserempfindlichkeit herabgesetzt werden. Leichtzuschläge verbessern die wärmedämmenden Eigenschaften.

Stampflehm

Stampflehm ist feinkrümelig und erdfeucht aufbereiteter Lehmbaustoff, der nach Verdichtung und Austrocknung Rohdichten zwischen 1700 und 2200 kg/m³ erreicht. Er ist damit der “schwerste” Lehmbaustoff.

Stampflehm kann deshalb zu tragenden Lehmbauteilen verarbeitet werden, und zwar mittels Schalung und lagenweisem Einbau analog dem monolithischen Betonbau oder durch Herstellung von Lehmsteinen nach verschiedenen Verfahren, die nach den Regeln des Mauerwerksbaus verarbeitet werden.

Die im traditionellen Lehmbau als “Stampflehmbauweise” bekannte Form des monolithischen Lehmbaus ist in Deutschland über Jahrzehnte nicht mehr ausgeführt worden, erreicht aber in jüngster Zeit mit einigen außerordentlich attraktiven Projekten, z.B. der Kapelle der Versöhnung in Berlin, einigen weiteren bemerkenswerten Kirchenbauten bis hin zum Einsatz im Wohnungsneubau eine spektakuläre “Auferstehung”. Inzwischen wird der Stampflehm in Deutschland auch preiswert und handlich als vorgefertigtes Wandelement angeboten.

In Ländern wie Australien und den USA gehört der Zusatz von Zement zum Stampflehm zur täglichen Lehmbaupraxis.

Wellerlehm

Der Wellerlehm ist im traditionellen Lehmbau ebenfalls in einer eigenständigen Bauweise, als “Lehmwellerbau”, verarbeitet worden. Vom Stampflehm unterscheidet er sich durch den Zuschlag von Stroh, wodurch der Wellerlehm mit einem Rohdichtebereich von 1500 bis 1800 kg/m³ auch “leichter” ist. Er wurde ebenfalls zu tragenden Wandkonstruktionen verarbeitet.

Im Gegensatz zur Stampflehmbauweise ist die Verarbeitung von Wellerlehm zu Wandkonstruktionen i.d.R. nicht schalungsgebunden. Er wird freihändig mit der Gabel zu Schichten von ca. 80 cm Höhe bis zum Erreichen der vollen Bauwerkshöhe aufgesetzt. Die Oberflächen werden glatt abgestochen. Zwischen den einzelnen Lagen sind Trockenzeiten erforderlich.

Wellerlehm wird heute allenfalls bei der Reparatur bestehender Gebäude verarbeitet.

Strohlehm

Stroh- oder Faserlehme sind Mischungen aus aufbereitetem Baulehm und pflanzlichen Faserstoffen, vorwiegend Stroh. Nach Verarbeitung und Austrocknung weisen Bauteile oder Baustoffe aus Strohlehm Rohdichten zwischen 1200 und 1700 kg/m³ auf.

Strohlehm wird in plastischer Konsistenz verarbeitet und heute vor allem im Sanierungsbereich, z.B. bei der Fachwerkausfachung, angewendet.

Strohlehm kann heute als lose Fertigmischung oder zu Steinen oder Platten verarbeitet bezogen werden.

Leichtlehm

Aufbereiteter Baulehm wird in breiig bis flüssiger Konsistenz mit organischen oder mineralischen Leichtzuschlägen gemischt. Als organische Zuschläge kommen vor allem Stroh und Holzhackschnitzel, als mineralische Zuschläge thermisch geblähte Materialien (Blähton, Blähschiefer u.a.) zum Einsatz. Bauteile und Baustoffe aus Leichtlehm erreichen deshalb nach Verarbeitung und Austrocknung einen Rohdichtebereich von 400 bis 1200 kg/m³. Dadurch verbessern sich vor allem deren wärmedämmende Eigenschaften.

Durch den hohen Anteil von Leichtzuschlägen sind die erreichbaren Druckfestigkeiten entsprechend niedrig, so dass eine Verarbeitung von Leichtlehm i.d.R. auf den nicht tragenden, raumumschließenden Bereich in Kombination mit einem Tragskelett, meist aus Holz, beschränkt bleibt. Darüber hinaus bildet vor allem der Bereich der Bausanierung ein bevorzugtes Einsatzfeld für Leichtlehme.

Leichtlehme können heute als lose Fertigmischung oder zu Steinen oder Platten geformt in unterschiedlichen Rohdichteklassen bezogen werden. Leichtlehme werden auch nach ihrem dominanten Zuschlagstoff bezeichnet, z.B. Strohleichtlehm.

Lehmschüttung

Aufbereiteter Baulehm kann mit organischen oder mineralischen Zuschlägen vermischt als Baulehmschüttung erdfeucht zur Verfüllung waagerechter Bauteile, z.B. Balkendecken oder Hohlräume, eingebaut werden. Als Baulehme können auch solche Lehme eingesetzt werden, deren Bindekraft für die Herstellung geformter Lehmbaustoffe und -bauteile nicht ausreichend ist.

Entsprechend der nach der Verarbeitung und Austrocknung erreichten Rohdichte spricht man bei Leichtlehmschüttungen von Dichten kleiner als 1200 kg/m³.

Lehmmörtel

Lehmmörtel sind mit feinkörnigen und / oder feinfaserigen Zuschlagstoffen gemagerte Baulehme. Für werksmäßig hergestellte Lehmmörtel gelten die DIN 18946 – Lehmmauermörtel bzw. DIN 18947 – Lehmputzmörtel. Entsprechend ihrer Verwendung werden sie als Lehmmauermörtel, Lehmspritzmörtel oder Lehmputzmörtel bezeichnet.

Lehmmauermörtel werden zum Vermauern von Lehmsteinen, aber auch von künstlichen, gebrannten oder Natursteinen eingesetzt. Sie werden i.d.R. mit Sand gemagert.

Lehmspritzmörtel werden zur Ausfachung von Fachwerkkonstruktionen, zur Erstellung von Vorsatzschalen und Innenwänden oder als Deckenfüllung eingesetzt. Sie werden mit mineralischen und / oder maschinengängigen organischen Leichtzuschlägen gemagert und wie Spritzputz ggf. mehrlagig bis zur Ausfüllung des Hohlraums bzw. bis zum Erreichen der vorgesehenen Dicke aufgetragen.

Lehmputzmörtel werden zum Verputz von Wand- und Deckenoberflächen im Innenbereich oder auch auf Schlagregen geschützen Außenwandoberflächen eingesetzt. Sie werden mit Sand, Stroh oder anderen pflanzlichen Faserstoffen gemagert. Die Faserstoffe übernehmen im Putz eine armierende Wirkung und beugen so einer Rissbildung nach Auftrag und anschließender Austrocknung vor. Wegen der Luftfeuchte regulierenden Wirkung im Innenraum werden Lehmputze heute besonders geschätzt.

Alle Lehmmörtel stehen heute in einer großen Vielfalt an Rohdichteklassen, Zuschlagstoffen und Farben als Fertigprodukt in verschiedenen Verpackungsformen zur Verfügung. Da Lehmmörtel nicht abbinden, können diese auch erdfeucht in größeren Einheiten und damit preisgünstiger geliefert werden und bis zur Verarbeitung längere Zeit lagern.

Lehmsteine

Lehmsteine können durch verschiedene Verfahren der Formgebung aus den o.g. ungeformten Lehmbaustoffen hergestellt werden. Für werksmäßig hergestellte Lehmsteine gelten die DIN 18945 – Lehmsteine. Demnach sind insbesondere die Anwendungsklassen der auf den Markt gebrachten Lehmsteine zu deklarieren und einzuhalten. Zur Gewährleistung der Formstabilität der Lehmsteine bei Transport und Verarbeitung müssen die eingesetzten Baulehme von ihrer Bindekraft her mindestens als mager klassifiziert werden.

Je nach Rohdichteklasse werden Lehmsteine mit Lehmmauermörtel nach den Regeln des Mauerwerksbaus zu tragenden oder nicht tragenden Bauteilen verarbeitet.

Durch die Formgebung wird erreicht, dass ein in seiner inneren Struktur und seinen Materialeigenschaften homogen geformter Lehmbaustoff entsteht. Übliche Verfahren sind das Handstrichverfahren (“Patzen”), das Pressen und das Strangpressen, welches das übliche Formgebungsverfahren in der Ziegelindustrie ist.

Nach dem Strangpress-Verfahren hergestellte Steine für die Ziegelindustrie, die ungebrannt im Lehmbau verarbeitet werden, bezeichnet man als Grünlinge. Sie besitzen auf Grund ihrer hohen Verdichtung und ihres sehr feinkörnigen Mineralgerüstes eine hohe Rohdichte. Sie reagieren sehr empfindlich auf Feuchtigkeit, ihre Anwendung ist deshalb auf den nicht tragenden Innenbereich, z.B. als Decken- oder Wandfüllungen, begrenzt. Durch ihre große Speichermasse wirken sie Temperatur regulierend im Innenraum, was vor allem in den Übergangszeiten und bei Temperaturspitzen erwünscht ist.

Heute steht eine große Vielfalt an Lehmsteinen in unterschiedlichen Rohdichteklassen, Zuschlägen und Formaten zur Verfügung.

Lehmplatten

Lehmplatten können durch verschiedene Verfahren der Aufbereitung und Formgebung aus den o.g. ungeformten Lehmbaustoffen i.d.R. unter Zugabe von Tonmehl hergestellt werden.

Lehmplatten bereichern die Baustoffpalette des Trockenbaus. Die Plattenabmessungen Länge und Höhe können bis zur Größe üblicher Trockenbauplatten variieren. Lehmplatten mit einer Stärke ≤ 50 mm sind nicht selbst tragend und erfordern eine Unterkonstruktion. Dünne Lehmplatten können auch armiert sein, z.B. mit Schilfrohrmatten. Ihre Einsatzgebiete im Trockenbau sind vielfältig: als Wand- oder Deckenbekleidungen, nicht tragende Trennwände mit Unterkonstruktion, Putz-“ersatz” oder als “verlorene” Schalung.

Lehmplatten mit einer Stärke > 50 mm (üblich 80 – 125 mm) sind selbst tragend und erfordern keine Unterkonstruktion. Sie werden deshalb in wachsendem Umfang im Trockenbau für nicht tragende Trennwände eingesetzt. Darüber hinaus ist ihr Einsatz im Fußboden- oder Deckenaufbau oder in Dachschrägen ebenso möglich und sinnvoll.