Die Wahl Nordhausens zum Schauplatz der Thüringer Landesgartenschau 2004 wurde von der Stadt als Chance gesehen, sich eine neue Identität zu schaffen. Gemäß ihrem Motto „Die neue Mitte“ wurde ein Konzept entwickelt, das sich nicht nur auf das Gartenschau-Hauptgelände des historischen Petersberges in der Mitte der Stadt beschränkte, sondern die ganze Innenstadt mit einbezog.
Teil dieser Strategie war die Herstellung eines historischen Stadtrundgangs, welcher dem Verlauf der alten Stadtmauer folgt. So wurde ein Kreis gebildet zwischen dem oberen und unteren Eingang zum Gelände der Gartenschau. Vor diesen Eingängen wurden als Übergang zur Stadt und gleichzeitig als Auftakt zum historischen Stadtrundgang städtische Plätze gestaltet.
Der „Neue Lesserstiege“, auch bekannt als Himmelsleiter, wurde als Freitreppe am unteren Ende des Stadtrundgangs gebaut. Sie schafft eine neue Verbindungsachse von einem als Amphitheater gestalteten Platz an der Bahnhofstraße zur höher gelegenen Altstadt. Dort durchschneidet sie die Stadtmauer und überwindet dabei mittels einer etwa 26 m langen Stahltreppe einen Geländesprung von ca. 9,5 m. Diese selbst tragende Stahlkonstruktion wird an beiden Seiten und an der Stirnseite durch 50 cm starke Wände aus Stampflehm eingefasst.
Der Treppenlauf wird zweimal durch Podeste unterbrochen. Oben durchquert eine Brücke die Stadtmauer. Der obere Abschluss der Seitenwände erhöht sich dadurch mehrmals.
Durch eine abgeschrägte Anordnung der Treppe zum Platz treffen die Stufen der Platzumfassung auf die Seitenwände der Stiege in einem Winkel von 45°. In einem an dieser Stelle angebrachten Durchgang kann man unter der Treppe durchlaufen. Die Lehmseitenwände haben daher je eine Öffnung von 2,6 m Breite und 3,5 m Höhe. Der Durchgangsbereich ist vollständig mit Stahlplatten verkleidet. In den Stampflehm eingebettete Stahlbetonstürze nehmen die Last der Wände über den Öffnungen auf.
Die Stampflehmwände stehen auf Streifenfundamenten mit einem ca. 60 cm hohen Sockel aus wasserdichtem Beton. Etwa ab dem 2. Podest folgt das Fundament dem natürlichen Geländeanstieg zur Altstadt durch Abstufungen. Die maximale Höhe der Stampflehmwände erreicht daher 5,6 m kurz vor dem 2. Podest.
Zuerst wurde die Stahltreppe als selbst tragende Konstruktion ohne die Stufenbleche errichtet. Anschließend erfolgte die Ausführung der Stampflehmwände, die die Treppenkonstruktion vollständig verhüllen.
Problematisch waren die auf die Lehmwände einwirkenden Windlasten, da die Wände nicht durch eine aussteifende Decke oder Ringbalken verbunden sind. Damit das Bauvorhaben die gültigen Lehmbau Regeln erfüllt und keine baurechtliche „Zustimmung im Einzelfall“ erforderte, wurde die vorgeschriebene „Ringbalken- bzw. Deckenwirkung“ mittels im Lehm waagerecht eingebauter Stahlbleche erreicht, die mit der Stahlkonstruktion der Treppe verankert sind. So werden horizontal wirkende Windlasten auf die stützende Treppenkonstruktion übertragen.
Gestalterisch wurden verschieden farbige Lehme verwendet, die in Teilen der Wände nach Vorgaben des Architekten der ockerfarbigen Grundmasse beigemischt wurden. Um eine Auswaschung der Lehme zu verhindern sind, in Abständen waagerechte Mörtel- und Ziegelschichten eingelegt worden, sichtbar als rote und graue Streifen.
Die mehrmonatige Austrocknung der Seitenwände hat Setzungen der Lehmwände zur Folge. Damit dies zwängungsfrei ausgeglichen werden kann, sind die Anschlüsse zwischen Treppe und Seitenwänden beweglich gestaltet.